Mittwoch, 15. August 2012

Umgesiedelt: Rezension: Brandon Sanderson - Die Kinder des Nebels

Vorsicht: Diese Rezension enthält Spoiler.

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Ein böser Herrscher. Eine Heldengruppe, die gegen ihn kämpft. Und jede Menge Magie. Drei Komponente, die ich in Fantasy-Büchern eigentlich nicht mehr sehen kann. Betonung auf „eigentlich“. Denn Sanderson hat es trotzdem geschafft, mich von sich und den Kindern des Nebels zu überzeugen. Das schaffen unter diesen Umständen nicht viele Autoren.

Fangen wir mit dem Weltentwurf an. Er ist düster, dreckig und alles andere als nett. Es gibt die in der Fantasy gern benutzte Diktatur, allerdings fußt diese nicht allein auf einem Evil Overlord (auch wenn dieser, wie oben schon erwähnt, durchaus eine Schlüsselrolle spielt), sondern auch auf dessen Untertanen,
die eigentlich mehr zur Unterdrückung beitragen als der Oberste Herrscher selbst. Der verschanzt sich lieber in seiner Burg und schaut zu, wie die Skaa, also die „untergeordnete Rasse“, sich unter widrigsten Bedingungen zu Tode schuften, während der Adel – wie überraschend – der hemmungslosen Dekadenz frönt. Schön. Für den Grundaufbau des Settings nutzt Sanderson also schon mal sämtliche Klischees, welche die Fantasy zu bieten hat. Das bisschen Asche, das vom Himmel fällt und eigentlich nur am Rande erwähnt wird – es wird noch nicht einmal so wirklich erklärt, wo das Zeug überhaupt herkommt! - ist da auch keine Revolution.

Was macht das Buch also trotzdem so besonders? Die Charaktere? Nicht wirklich. Wir haben ein Gossenkind, das – oh Wunder, oh Wunder – besondere Fähigkeiten hat, dazu eine Gruppe von gutherzigen Halunken, die einen auf knallharte Rebellen machen. Gut, Kelsier und Marsch als Antihelden sind schon ganz nett, und die philosopischen Ausführungen von Hamm sind durchaus unterhaltsam, aber: Auch das ist keine Revolution.

Nein, auch die Charaktere sind nicht das Interessanteste an den Kindern des Nebels.
Es ist die Magie.
Sanderson ist ja bekannt für seine ausgefallenen Magiesysteme, aber die Allomantie ist meiner Meinung nach sein bestes – wobei ich das allerdings auch nur mit dem aus den Sturmklängen vergleichen kann. Ich meine, ein Magiesystem, das auf Metallen basiert (und dabei sogar logisch vorgeht)? Wie cool ist das denn? Und: Warum ist da vorher niemand drauf gekommen? Schließlich spielen Metalle sowohl in der Alchemie als auch in der traditionellen Hexenkunst (wobei hier nicht ganz so stark) eine Rolle.
Leider beschreibt Sanderson die Wirkung der verschiedenen Metalle ein wenig zu oft, sodass man als Leser doch schnell davon genervt ist. Ich kenne die Problematik allerdings aus den Sturmklängen, sodass ich bequem darüber hinweglesen konnte.

Auch ein Kritikpunkt: Gleich zwei der Protagonisten sind Nebelgeborene, sprich Menschen, die alle Metalle nutzen können anstatt, wie die meisten, nur ein einziges. Mir persönlich war das too much, vor allem, weil da wieder diese Lehrer-Schüler-Beziehung aufgebaut wurde und der Lehrer natürlich draufgeht. Wie sollte es auch anders sein? Aber wenigstens hat Kelsier keine klägliche Nebenrolle wie viele Schicksalsgenossen. Ganz im Gegenteil, er darf als Märtyrer sterben! Wie innovativ! :rolleyes:

Die Story der Kinder des Nebels ist relativ gradlinig; Subplots gibt es leider keine, wobei das wohl den Rahmen des auch so schon über 800 Seiten starken Wälzers gesprengt hätte. Trotzdem hätte ein klein wenig Abwechslung vom ewigen „Wir müssen den Obersten Herrscher stürzen!“-Einheitsbrei nicht geschadet. Just my two cents.
Vins Handlungsstrang war anfangs ziemlich 08/15 und wurde erst etwas interessanter, als sie anfing, den Adel zu infiltrieren. Allerdings hätte man meiner Meinung nach mehr aus dieser Geschichte herausholen können als nur das übliche „Ich-bin-zu-sehr-Gossenmädel-dafür-aber-nach-einiger-Zeit-gefällt's-mir-oh-mein-Gott-das-darf-es-nicht-ich-bin-doch-Rebellin“-Blubb. Und natürlich musste sie sich in einen Adligen verlieben, genauer gesagt einen adligen Bohemé.
Kelsier wurde von Anfang an auf sein Märtyertum hingetrimmt; für mich kam das wenig überraschend, auch wenn ich es schon ein bisschen schade fand.
Und das Ende war schlicht und ergreifend zu simpel und ZU KITSCHIG!

Aber genug gespoilert. Warum gefällt mir das Buch also trotz all seiner Klischees und dem enttäuschenden Ende? Wie gesagt, finde ich das Magiesystem sehr reizvoll, und Sanderson hat einen Stil, der sich sehr flüssig runterliest.
Die Charaktere sind trotz der Tatsache, dass sie manchmal recht stereotyp sind, sehr sympathisch (und passen deswegen nicht ganz zum ach-so-düsteren Setting, aber lassen wir das).
Der Humor wirkte auf mich manchmal etwas gezwungen, aber insgesamt war er doch ganz unterhaltsam. Um sie noch einmal zu erwähnen: Hamms philosophische Ausführungen. Und natürlich Wehers herrlich egozentrische Art.

Insgesamt würde ich dem Buch wohl 4/5 Punkten geben.

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